21. Januar 2016: „Chinaforschung an der Universität Leipzig – 1878 bis heute“

Geschrieben von dczl.de am in Themenabende

Themenabend im Ostasiatischen Institut der Universität Leipzig, Schillerstr. 6, 04109 Leipzig

Auf Einladung von Prof. Philip Clart, Ph. D. (seit 2008 Professor für Kultur und Geschichte Chinas an der Universität Leipzig sowie Direktor des Konfuzius-Instituts Leipzig e. V.) waren wir zu Gast im Domizil des Ostasiatischen Instituts der Universität Leipzig. Thema des Abends waren Geschichte und Gegenwart der Leipziger Sinologie.

Sie ist eine der ältesten in Deutschland. Seit fast 140 Jahren wird an der hiesigen Universität zu China geforscht und gelehrt. Prof. Clart berichtete sehr detailreich über die Entwicklung dieses universitären Forschungszweiges.

Zunächst beleuchtete er in einem historischen Rückblick die Entstehung der Chinawissenschaft, die letztlich auf die Jesuiten zurückgeht. Im 16. Jahrhundert erreichten sie China und waren bestrebt, ihre Mission mit Forschung zu verbinden, um die „neuen Länder“ zu verstehen. Jesuiten erstellten die ersten Wörterbücher, übersetzten konfuzianische Werke ins Deutsche usw. Im Jahre 1845 erwarb Hermann Brockhaus die ersten chinesischen Bücher für die Leipziger Universitätsbibliothek. Die Sinologie in Leipzig war gekennzeichnet von einem steten Auf und Ab. Sie nahm ihren Anfang mit der Berufung von Hans Georg Conon von der Gablentz (1840-1893) auf die neu geschaffene Professur für ostasiatische Sprachen im Jahre 1878 und konsolidierte sich 1914 mit der Gründung des Ostasiatischen Seminars. 1923 Gründung wurde die Zeitschrift Asia Major als Sprachrohr der Leipziger Schule der Sinologie gegründet.

Alsbald geriet die Sinologie auch in Leipzig gegenüber der Japanologie ins Hintertreffen, drei Viertel der Sinologen wanderten aus oder wurden kaltgestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst wieder aufgebaut, wurde die Sinologie allerdings nach dem Bruch der Sowjetunion mit China wieder stark zurückgefahren und in Berlin (Humboldt-Uni) konzentriert; eine chinesische Abteilung blieb jedoch in Leipzig, 1984 wurde hier sogar wieder eine Professur eingerichtet.

Heute gibt es zwei Professuren, eine für Kultur und Geschichte Chinas, eine für Kultur und Gesellschaft des modernen China. Etwa 15 Kernfachstudierende (6 Semester Bachelor, 6 Semester Master Sinologie) sind eingeschrieben. Geforscht wird derzeit zu chinesischer Religions- und Literaturgeschichte, zur Medienwissenschaft, zur Agrarreform der späten Kaiserzeit sowie zu Minderheiten in China.

Im Anschluss nutzten wir die Möglichkeit, uns in dem bemerkenswerten 1862 ursprünglich als Bankgebäude errichteten Institutsgebäude mit seinem tollen Treppenhaus in der Schillerstr. 6 etwas näher umzuschauen. Insbesondere die Führung durch die Bibliothek in den beiden unteren Etagen erhielt große Aufmerksamkeit. Neben dem modernen glasüberdachten Lesesaal im früheren Innenhof beeindruckten natürlich die hier aufbewahrten historischen Schriften außerordentlich.